Noch ist es nicht zu spät. Der Rat der Stadt Bergisch Gladbach hat es am 9. Juli 2019 in der Hand, den Flächennutzungsplan (FNP) auszusetzen und angesichts der Eingaben aus der Bürgerschaft noch einmal nachzudenken, ob so viele Naturflächen im Stadtgebiet zerstört werden müssen. Ziel des FNP soll es sein, Bauflächen geschaffen werden. Das aber geht viel besser auf eine andere, umweltschonende Weise.

Die Freie Wählergemeinschaft Bergisch Gladbach hat dazu Vorschläge gemacht, die den Flächennutzungsplan in derzeitiger Form überflüssig machen: Wohnbebauung innenstadtnaher Brach- sowie aufgegebener Industrieflächen, Aufstockung von Wohngebäuden, Überbauung von Parkplätzen und auch ein Bekenntnis der Stadt gegen unkontrolliertes Wachstum seiner Bevölkerungszahl.

Ja, wir wissen, es ist alles nicht so einfach. Aber wir meinen auch, dass man sich an der Verschlechterung der Lebensqualität in dieser Stadt mitschuldig macht, wenn man Innovationen für alternative Bebauungsmöglichkeiten nicht nutzt.

Die Juni-Hitzeperiode dieser Tage hat einmal mehr macht deutlich gemacht, wie notwendig es ist, Natur-, Wald- und Wiesenflächen zu erhalten, um den Temperaturanstieg zu begrenzen. Es ist unumstritten, dass sich bei fehlenden Freiflächen in Agglomerationsräumen Wärmeinseln mit wesentlich höheren Temperaturen als in einer ländlicher geprägten Umgebung entwickeln. Das Umweltbundesamt schreibt: „In heißen Sommermonaten können aus der Überwärmung der Städte gesundheitliche Belastungen für die Bevölkerung entstehen, wenn sich die Stadträume wegen ihrer spezifischen Charakteristik tagsüber stark aufheizen, ohne sich in der Nacht im gleichen Maße wie das Umland abzukühlen. Diese Situationen können sich zukünftig häufen.“

Der FNP in Bergisch Gladbach sieht eine Versiegelung von rund einer Million Quadratmetern Grünflächen durch Bebauung vor. Sie betrifft vor allen Dingen die westlichen Teilen der Stadt. Hier konzentriert sich die Grünflächenvernichtung. Der ländlich geprägte Osten bleibt weitgehend verschont. Daraus leitet Baurat Flügge seine irreführende Behauptung ab, die Stadt bleibe doch grün. Nein, das Grün wird gerade da, wo es gebraucht wird, massiv zurückgedrängt.

CDU und SPD, die in Bergisch Gladbach regierenden Parteien, haben 2017 in schöner Eintracht Änderungsanträge zum FNP eingebracht. Die Einhaltung eines 10-Punkte-Plans sollte Voraussetzung für die Annahme des FNP sein.

Die zehn aufgeführten Maßnahmen sind nicht unvernünftig: Verkehr optimieren, bezahlbaren Wohnraum schaffen, Fahrradstraßen errichten, verdichtetes Bauen in bestehenden Wohngebieten steuern, Quartiere gestalten, neue Wohnformen fördern, Auswirkung der Digitalisierung beim Ausweisen von Gewerbe- und Wohngebieten ernst nehmen, Bürgerbeteiligung stärken.

Mit diesen Maßnahmen sollte sofort begonnen werden.

Was ist passiert? So gut wie nichts. Keiner der Punkte ist wirklich in Angriff genommen worden, geschweige denn umgesetzt. Und von Beteiligung der Bürger zu sprechen, ist geradezu höhnisch, wenn keine ihrer über 2.300 Vorschläge zum FNP berücksichtigt wurden.

Es bleibt somit festzustellen, dass das Junktim Flächennutzungsplan und 10-Punkte-Plan nur ein Etikettenschwindel war.

Ob es ein Einsehen von CDU und SPD geben wird, wenn der Rat am 9. Juli erneut wegen eines Verfahrensfehlers Gelegenheit bekommt, den Flächennutzungsplan in seiner jetzigen Form zu überdenken? Ob die Wahlergebnisse bei der Europawahl, stark bestimmt von der Klimadebatte, auch auf unsere GroKo-Ratsmitglieder Eindruck gemacht haben?

Wahrscheinlich nicht. Es bleibt so, wie es immer war. Bürgerinteressen sind in Bergisch Gladbach nicht vorrangig. Der Schlusssatz des 10-Punkte Papiers von CDU und SPD macht dies deutlich: Man habe sich die Anlegen der Bürgerschaft teilweise zu eigen gemacht, heißt es da. 

Nun, die Freie Wählergemeinschaft Bergisch Gladbach tritt zur nächten Kommunalwahl an und wird sich die Bürgeranliegen voll zu eigen zu machen. Das unterscheidet uns maßgebend von den etablierten Parteien.