Im Standardwerk der Bergisch Gladbacher Stadtgeschichte schreibt Gisbert Franken, dass das Leitbild „Großstadt im Grünen“ – er nennt es Gartenstadt-Paradigma – hier über eine lange Tradition verfügt. Entsprechend hat sich Bergisch Gladbach entwickelt. Zuletzt 2019 wurde bei tausenden Protesten zum neuen Flächennutzungsplan deutlich, dass weiterer Verbrauch von Freiflächen nicht gewünscht war. „Bergisch Gladbach soll seinen Charakter behalten“ war ein eindeutiges Signal, das letztlich auch bei der Kommunalwahl 2020 zum Ausdruck gekommen ist.

Die klimatischen Eskapaden der letzten 10 Jahre haben auch bei uns einmal mehr deutlich gemacht, wie notwendig es ist, Frei- und Naturraum zu erhalten, für Retentionsflächen zu sorgen, Durchlüftungen sicherzustellen, zum Wohlbefinden beizutragen.

Die FWG hält daran fest. Ein lebenswertes Bergisch Gladbach zu erhalten und auszubauen, ist weiterhin unsere DNA.

Aber auch wir wissen natürlich, dass Wohnraum in der gesamten Rheinschiene verknappt ist, auch in Bergisch Gladbach, und dafür dringend Abhilfe geschaffen werden muss. Eine Ursache dafür ist neben der Attraktivität unserer Stadt die Tatsache, dass Köln weit hinter den Anforderungen zum Wohnungsbau zurückbleibt. Der aktuelle Kreissparkassen-Marktbericht 2024 schreibt dazu: „In Köln ist die Bauintensität weiter gesunken, obwohl gerade hier die Bedarfe sehr hoch sind. In der gesamten Region bildet Köln nun bei der Bautätigkeit das Schlusslicht und auch im Vergleich mit anderen Metropolen schneidet Köln schlecht ab.“ Hinzukommt, dass der Wohnungsmarkt gerade dort dadurch überdurchschnittlich angespannt ist, dass Flüchtlinge nach der Phase der vorläufigen Unterbringung preisgünstigen Wohnraum nachfragen und Metropolen wie Köln bevorzugen.

Bergisch Gladbach soll und kann hier nicht die Hausaufgaben von Köln erledigen. Schon allein aufgrund unserer Infrastruktur sind unsere Möglichkeiten begrenzt und werden das auch bleiben.

Detail auf Zanders

Es ist aber nicht so, dass wir keine Aufgaben zu erledigen hätten. Die Wohnungsknappheit macht an Stadtgrenzen nicht halt. Für uns heißt das: Die Potentiale unserer Stadt müssen schneller genutzt werden, um Wohnraum zu schaffen, ohne den Charakter Bergisch Gladbachs aufzugeben. Wir haben uns deshalb bei der Frage, wie das städtische 37 ha große Zanders-Gelände genutzt werden soll, für einen hohen Wohnungsanteil ausgesprochen, der alle weiteren Nutzungsmöglichkeiten überwiegt. Wir fordern die schnelle Herstellung der nötigen Infrastruktur, um dort bald mit Wohnungsbau beginnen zu können, zumindest in Teilbereichen. Die auch zu diesem Zweck erfolgte Gründung der Urbane-Zukunft-Zanders-Entwicklungsgesellschaft haben wir deshalb nachhaltig befürwortet. Was mit ähnlicher Konstruktion machbar ist und in nur 20 Jahren gesamter Bauzeit möglich ist, hat das nachbarschaftliche Projekt Neue Bahnstadt Opladen gezeigt. Hier leben 1.800 Bürger, weitere 600 sollen hinzukommen.

Detail aus der Bahnstadt Opladen

Allerdings ist der beabsichtigte Zuwachs auch dort ins Stocken geraten, weil bei heutigen Anforderungen an Neubauten Mietpreise unter 15 Euro/Quadratmeter erzielt werden müssten. Das ist im Markt kaum durchsetzbar.

Wir fordern deshalb gerade als kommunale Wählergemeinschaft eine Überarbeitung der Baunormen und rechtlicher Spielräume einer der Umgebung angepassten Senkung der Normen, wie das in den Niederlanden üblich ist. So könnten etwa Häuser mit mehreren Stockwerken ohne Fahrstuhlzwang entstehen und auch die Lärmschutzanforderungen könnten bei bestimmten Nutzungen gesenkt werden. Die RBS-Rheinisch-Bergische Siedlungsgesellschaft wäre prädestiniert, entsprechende Projekte zu verwirklichen. Die in NRW 2024 gestartete Initiative des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, mit der Fachleute des Bauwesens aufgerufen werden, Vorschläge zum Bürokratieabbau im Bauwesen machen sollen, ist der richtige Weg.

Unser Antrag zum städtischen Haushaltsbeschluss 2024/25 ging in die gleiche Richtung. Unsere Forderung, die digitale Bauakte schnellstens umzusetzen, wird nun von der Verwaltung verwirklicht. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass die Verwaltungsvorgänge um das Bauen entschlackt werden.