Am Juli hat der Landtag NRW mit den Stimmen von CDU, Grünen und SPD eine Änderung des Kommunalwahlrechtes beschlossen, die erhebliche Auswirkungen auf die kleineren Parteien hat. Es geht um die Umrechnung von Stimmenanteilen in Sitze in Kommunalparlamenten. Vereinfacht funktionierte das bisherige Verfahren so: Die Zahl der nach Stimmanteile berechneten Sitze (gewöhnlicherweise nie ganze Zahlen) wurden nach einfachem mathematischen Prinzip auf- oder abgerundet. Hierin sahen NRW CDU, Grüne und SPD ein Problem, da im unteren einstelligen Bereich eine mathematische Erhöhung schwerer wiegt als im zweistelligen Bereich: Eine Erhöhung von 1,5 auf 2 ist relativ gesehen mehr als eine Erhöhung von 19,5 auf 20. Mathematiker und Wahlrechtler hingegen sehen in dem bisher und auch in anderen Parlamenten angewendeten Aufrundungsverfahren (Sainte/Laguë/Schepers) das beste System, einen fairen Ausgleich zwischen den Parteien bei den zugeteilten Sitzen zu erreichen. Insbesondere wird gewürdigt, dass damit auch eine Pluralität der Meinungen auf kommunaler Ebene hergestellt wird. Und genau das haben auch Urteile des Verfassungsgerichts NRW im Auge gehabt, als die Sperrklauseln für Kommunalwahlen (zuletzt 2,5 Prozent) abgeschafft wurden.
Im neuen beschlossenen System soll nun keine Auf- oder Abrundung mehr erfolgen, sondern sollen die zu verteilenden Restsitze diejenigen Parteien bekommen, deren Zugewinne sich prozentual relativ geringer darstellen. Dadurch könnte eine Partei mit errechneten 15,3 Sitzen 16 Sitze erhalten, während eine Partei mit 3,75 Sitzen auf drei Sitze reduziert würde. Man muss kein Mathematiker sein, um festzustellen, dass ausschließlich die Großen von einer solchen Regelung profitieren.
In nicht wenigen Fällen kann das zusätzlich dazu führen, dass kleinere Parteien oder Wählergemeinschaften ihren Fraktionsstatus verlieren, weil sie die dazu erforderliche Mindestzahl von Sitzen nicht mehr erreichen. Legt man das Kommunalwahlergebnis 2020 bei einer Berechnung nach neuer Regelung zugrunde, wäre das in Bergisch Gladbach allerdings bei der FWG nicht der Fall. Sie würde ihre Sitze behalten. Demgegenüber würden aber CDU, Grüne und SPD je einen Sitz hinzugewinnen.
Kleine Parteien und Wählergemeinschaften werden damit massiv benachteiligt. Bei Letzteren würde die politische Arbeit in den Kommunen weiter erschwert, und das, obwohl Wählergemeinschaften im Gegensatz zu den Parteien keine Wahlkampffinanzierung erhalten und ihr bürgerliches Engagement ausschließlich aus eigener Kraft bestreiten.
Wir sind überzeugt, dass es gerade auf kommunaler Ebene darauf ankommt, für die Gemeinde gemeinsam das Beste zu erreichen. Das erfordert einen Dialog mit allen Beteiligten und Kompromissbereitschaft. In Bergisch Gladbach ist dies trotz volatiler Mehrheitsverhältnisse gelungen. Und wir sagen nicht ohne Selbstbewusstsein: Dazu hat die FWG maßgeblich beigetragen.
Es spricht nicht für CDU, Grüne und SPD, diese in vielen Kommunen praktizierte Übung durch eine Wahlrechtsreform erschweren oder unmöglich machen zu wollen. Die angeblich befürchtete Zersplitterung auf kommunaler Ebene sehen wir nicht. Im Gegenteil: Gerade die bürgerlich orientierten Wählergemeinschaften stabilisieren die politische Mitte. Und in Zeiten von Politikverdrossenheit ist die kommunalpolitische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger in Wählergemeinschaften ein demokratiefestigender Faktor.
Derzeit laufen Prüfungen unseres Landesverbandes, ob Verfassungsklage gegen das Gesetz erhoben wird.