Der Bergisch Gladbacher Ratsausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Infrastruktur und Verkehr (AUKIV) hat sich in seiner Sitzung am 25. Juni 2019 zum wiederholten Mal mit der Ausgestaltung der Schlossstraße in Bensberg befasst. Hauptsächlich ging es diesmal um die Frage des Straßenbelages: Naturstein oder Betonstein. Dazu gab es eine umfangreiche Ausarbeitung der Verwaltung zu den Vor- und Nachteilen beider Beläge. Mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen wurde die Natursteinausführung beschlossen.
Nachdenklich machte dabei ein Satz aus den Reihen der Grünen, man solle doch den Bensbergern den Gefallen tun, Naturstein einzusetzen. Das klingt wie eine Gnade, die die Politiker gewähren. Eine Gnade, mit den Steuergeldern der Bürger finanziert.
Klar, ein Naturstein-Straßenbelag ist sicher attraktiver und passt auch besser in die Schlossstadt zu den alten Bauwerken, Burg und Schloss. Der allergrößte Teil der Schlossstraße ist allerdings von modernen Bauten gesäumt.
Es geht aber um mehr. Bei der gegebenen Haushaltssituation in Bergisch Gladbach muss vordringlich die Frage gestellt werden, ob solche Maßnahmen finanziell realisierbar sind. Am Ende entstehen durch den gefassten Beschluss nämlich Mehrkosten von mindestens 670.000 Euro. Sie kommen zu den Kosten von 700.000 Euro für die Umgestaltung der Freitreppe neben dem Einkaufscenter hinzu, zuzüglich einem Risikoaufschlag für Unwägbarkeiten von 500.000 Euro, insgesamt also 1,2 Millionen Euro.
Im Vergleich: Im Haushalt von Bergisch Gladbach stehen nur 1 Million Euro für die Straßeninstandsetzung insgesamt zur Verfügung. Was das bedeutet, kann man täglich erleben.
Die Mehrkosten durch den Natursteinbelag sollen allerdings nicht auf die Anlieger umgelegt werden, da nach Aussagen der Stadtverwaltung nach dem KAG (Kommunalabgabengesetz) nur die Kosten für Standardausführungen anzusetzen sind. Das ist allerdings so klar nicht. Für die Anlieger bleibt es aber in jedem Fall bei Kosten von insgesamt 3 Millionen Euro. Es ist fraglich, ob sie das akzeptieren, zumal sie gerade, soweit sie denn Geschäfte betreiben, wegen der langen Bauphase eine Durststrecke hinter sich haben. Auch sind die Mieten in den letzten Baujahren eher gefallen.
Zu bedenken ist auch, dass die Finanzierung erst unter der Voraussetzung greift, dass die Landesmittel, die die Bezirksregierung genehmigt hat, auch für die Bauvariante mit Naturstein gilt. Das ist aber nach Aussagen der Verwaltung noch nicht ganz sicher.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind die veranschlagten Anliegerbeiträge nach dem KAG. Abgesehen davon, dass es Bestrebungen gibt, dieses Gesetz zu kippen oder im Sinne der Anlieger abzumildern, werden die daraus errechneten Einnahmen von 3 Millionen Euro erst ab 2024 zu erwarten sein. Deswegen müssen sich der Haupt- und Finanzausschuss und dann der Rat im Juli mit entsprechenden Finanzierungsfragen befassen, um die Ausschreibung für die Ausführung in die Wege zu leiten. Erforderlich ist dann die Aufstellung eines Nachtragshaushaltes 2020, der wiederum die Einnahmen aus dem KAG, mit denen erst 2024 zu rechnen ist, nicht darstellen kann.
Man darf sich unter diesen Umständen nicht wundern, dass städtische Bauvorhaben ständig aus dem Ruder laufen. Es erfolgen Beschlüsse und Vorschläge, deren Finanzierung auf wackeligen Füßen steht. Risiken werden von vornherein in Kauf genommen bzw. nicht richtig eingeschätzt. Probleme werden ausgeblendet. Man befasst sich zwar mit den Kosten der Steine, Folgekosten der Pflege und Instandhaltung werden erwähnt, aber nicht beziffert.
Der Natursteinbelag in Bensberg soll auch für den Fahrbahnbereich in der Schlossstraße verwendet werden, denn der Autoverkehr wird ja auf Wunsch der Händler nicht verbannt. Der zu erwartende Rangierverkehr von Autos wird sowohl bei Betonstein als auch bei Naturstein zu Lockerungen oder Verschiebungen führen. Beim Naturstein sind die Reparaturkosten dann aber ungleich höher als beim Betonstein.
Besser wäre es gewesen, mehr Gedanken darauf zu verwenden, wie die Schlossstrasse, vor allen Dingen aber das Umfeld der geplanten Treppe neben dem Einkaufscenter begrünt werden kann. Denn erst das ergibt Aufenthaltsqualität. Die nunmehr veranschlagten 600.000 Euro hätten dies einschließlich jahrelanger Pflege locker finanziert. Nun ist die Freitreppe mit der sie abschließenden hohen Mauer von 45 mal 3 Metern ein Riesenbetonteil, das im Sommer ganztägig die volle Sonneneinstrahlung genießt. Aufhalten wird sich dort niemand.
Es gibt ein hervorragendes Beispiel für eine lebendige Einkaufszone in unserer Nachbargemeinde Leverkusen-Schlebusch. Diese Fußgängerzone besteht seit 25 Jahren. Der Straßenbelag: Betonsteine. Die Aufenthaltsqualität wird durch viel Grün (185 Bäume), 28 Sitzbänke, Gastronomie, individuelle Geschäfte und die Einbeziehung historischer Gebäude sichergestellt. Die Händler sind offenbar sehr zufrieden mit dieser Situation.
Für Bergisch Gladbach bleibt leider festzustellen, dass der AUKIV die Steuerzahler mit einer weiteren Hypothek belastet hat, ohne die damit verbundenen Nachfolgekosten im Einzelnen zu kennen. Wie schon beim Sparprogramm zum zukünftigen Haushalt der Stadt Bergisch Gladbach macht man gerne Vorschläge. Nur bleiben diese bis auf Weiteres ohne Konsequenz, weil die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses erklärt haben, die Entscheidungen darüber den zukünftigen Mandatsträgern zu überlassen. Das ist Drücken vor der Verantwortung.