Die FWG Bergisch Gladbach hält die zur Lösung der Verkehrsproblematik in Schildgen vorgelegten Pläne  für eine gute Grundlage, die Verkehrssituation und die Aufenthaltsqualität in Schildgen zu verbessern: Sie schlägt aber zur Versachlichung eine Moderation zwischen den städtischen Verkehrsexperten, den Bürgern und den Händlern, also allen Beteiligten vor.

Eine Chronologie

Die Verkehrssituation in Schildgen ist dramatisch schlecht. Es besteht ein hohes Verkehrsaufkommen, das zu Spitzenzeiten zu langen Staus führt. Die Gehwege sind schmal, die Radwege unsicher und in katastrophalem Zustand. Es muss sich etwas ändern. Das war bisher unbestritten und nach jahrelangem Vorlauf wurden Verkehrsplanungen entwickelt, die im letzten Jahr einstimmig angenommen wurden. Dieser Konsens scheint aber vorbei zu sein. Das ist erstaunlich, besonders wenn man die Diskussionen der letzten Jahre noch einmal Revue passieren lässt:

2015

Die jetzigen Vorschläge für eine Verbesserung der Verkehrssituation in Schildgen gehen auf eine Forderung der Initiative „Wir sind Schildgen“ zurück, die von der FDP aufgenommen wurde. Im Juni 2015 stellte sie im Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Infrastruktur und Verkehr den Antrag, ein externes Planungsbüro zu beauftragen, eine Rahmenplanung für den Verkehr in Schildgen durchführen zu lassen.

Dabei wurden zwei Hauptziele genannt:

  • Die Erhöhung der Verkehrssicherheit und eine Verbesserung des Verkehrsflusses
  • Die Erhöhung der Lebensqualität für Schildgener Bürger.

Bereits damals musste festgestellt werden, dass es aufgrund der örtlichen Verhältnisse nur wenige Optionen zur Verbesserung geben würde. Der FDP-Antrag erhielt von fast allen anderen Fraktionen keine Unterstützung. Er wurde beschlossen, dass die Verwaltung mit Studenten einer Hochschule eine Rahmenplanung entwerfen sollte. Dieses Projekt wurde dann aber nicht umgesetzt und stattdessen lediglich eine Bachelorarbeit zur Umgestaltung der L 101 in Schildgen erarbeitet, um sie in die Diskussion im Rahmen des Mobilitätskonzeptes einfließen zu lassen.

2017

Die FDP stellt ihren Antrag erneut, der diesmal mit wenigen Einschränkungen mehrheitlich angenommen wird.

Juli und August 2020

Drei beauftragte Planungsbüros stellen ihre Ideen in den Ausschüssen vor. Im Rahmen der Aussprache wird darauf hingewiesen, dass eine Umgehungsstraße früher einmal geplant (nordöstliche Ortsumgehung bis Hufer Weg), aber wieder verworfen wurde und im aktuellen Flächennutzungsplan (FNP) bewusst nicht wieder aufgenommen wurde. (Begründung im aktuellen FNP: „Die Trassen werden aus unterschiedlichen Gründen verworfen. Ein wesentlicher Aspekt bei dem Verzicht auf die Trassen ist die heutige naturschutzfachliche Bewertung der betroffenen Flächen.) Auch eine Tunnellösung wird in die Diskussion gebracht. Für die Kosten wird ein dreistelliger Millionenbetrag geschätzt. 

Das Büro MWM favorisiert eine deutliche Verbreiterung der Geh- und Radwege in Verbindung mit einer sog. Mittenflexibilität: Die bestehenden Längsstellplätze beidseits am Fahrbahnrand sollen zugunsten der Flächen für den Fußverkehr und zur Einrichtung der durchgehenden Radwege aufgegeben werden.

Planung MWM, Aachen

Es zeichnet sich ab, dass der Vorschlag des Büros MWM favorisiert wird und auch seitens der CDU wird festgestellt, dass die Querungshilfen durch die Einengung den Verkehr beruhigen und die Sicherheit auf dem Weg in den Kindergarten oder der Schule erhöhen würden.

Februar 2021 

Vor der Abstimmung im ASM stellt die CDU im Bürgerportal fest: „Wir begrüßen es sehr, dass die Verwaltung in der für die Sitzung am 23. Februar vorliegende Beschlussvorlage befürwortet, das Aachener Büro MWM mit der anstehenden Verkehrsuntersuchung zu beauftragen; das entspricht auch unseren Vorstellungen, das Büro MWM mit weiteren notwendigen Analysen zu beauftragen.“

März 2021 

Es wird einstimmig beschlossen, das Büro MWM mit der Planung zu beauftragen. Eigentlich schien einer Umsetzung der Planung also nichts mehr entgegenzustehen. 

So ging es weiter:

Im November  2021 gründete sich ein Bürgerverein Schildgen, der hauptsächlich aus Schildgener Einzelhändlern bestand und den Wegfall der Parkplätze entlang der Altenberger-Dom-Straße kritisierte. In der darauf folgenden Ausschusssitzung zeigte es sich, dass der breite Konsens für die Pläne nicht mehr bestand. Nur Vertreter der Ampelkoalition und die FWG sprachen sich im Grundsatz weiter für die Pläne aus. Und obwohl die Anträge dahingehend geändert wurden, dass die Realisierbarkeit von Behindertenparkplätzen und Ladezonen geprüft werden sollte und Ersatzstandorte für die entfallenen Parkplätze gesucht werden sollten, stimmten CDU und die inzwischen nicht mehr existierende Fraktion der Bürgerpartei dagegen.

Zu den Details:

Sicherheit

Die Sicherheit wird vor allem für Radfahrer deutlich erhöht. Zur jetzigen Situation  gibt es eine umfassende Mängelliste des ADFC. Der Bewegungsraum ist knapp, die Führung der Radwege oft unklar und die längsparkenden PKW stellen ein Sicherheitsrisiko dar. In Zukunft soll der Radverkehr als getrennter Einrichtungsradweg in ausreichender Breite und mit genügend Abstand zum fließenden und ruhenden Verkehr geführt werden. 

Mittenflexibilität

Durch die Anlage eines Mittelstreifens kann der Verkehr weiterfließen, wenn am Straßenrand durch Haltevorgänge (z.B. Paketzulieferer) Fahrzeuge im Wege stehen. 

Zum anderen ermöglicht die Mittenflexibilät die Anlage von Mittelinseln als sichere Querungshilfen für Fußgänger.  Außerdem wird die Fahrbahnquerung auch außerhalb der ausgewiesenen Querungsstellen erleichtert, da auch hier ein halbwegs gesicherter Warteraum zwischen den Fahrtrichtungen entsteht. Die Mittenflexibilität schafft daher sowohl Voraussetzungen für die sichere und bequeme Querung für Fußgänger als auch einen Abbau von Behinderungen im fließenden Kfz-Verkehr.

Aufenthaltsqualität

Bisher führen abschnittsweise geringe Gehwegbreiten zu Qualitätseinbußen. Die Gehwegbreite soll auf bis zu vier Metern verbreitert werden. Dies wird auch die Barrierefreiheit etwa für Rollstuhlfahrer oder die Mobilität mit einem Kinderwagen verbessern. Die Aufenthaltsqualität erhöht sich, weil mehr Platz ist und man auch mal für ein Gespräch stehen bleiben kann, ohne anderen Passanten im Wege zu stehen. Das erhöht die Lebensqualität und wird sich auch positiv auf den Einzelhandel auswirken.

Planungsalternativen

Insgesamt wurden drei Planungsalternativen vorgestellt. Die Vorschläge des Planungsbüro MWM wurden einstimmig als die besten angenommen. Tunnellösung oder eine Umgehungsstraße wurden in den bisherigen Diskussionen als nicht durchführbar angesehen. Beide Varianten wären kaum finanzierbar und würden für den Rest des Stadtgebietes zu noch mehr Verkehr führen.

Die Chancen auf eine Realisierung der Pläne sind hoch

Seit sieben Jahren wird das Thema in den Ausschüssen diskutiert. Für die Pläne wurde ein Workshop mit der Polizei und Gespräche mit der Wuspi und der Feuerwehr durchgeführt. Es hat ein Treffen mit Kirchenvertretern, einem Radverkehrsverband, Einzelhändlern und Eigentümern stattgefunden. Im Haushalt sind Gelder für die Planung und Realisierung des Verkehrsprojektes mit höchster Priorität bereitgestellt. Wenn wir jetzt wieder bei null anfangen, wird sich in den nächsten Jahren überhaupt nichts ändern.

Bedenken

Die Bedenken der Einzelhändler über wegfallende Stellplätze nehmen wir ernst. Wir bieten dazu erneut den Dialog an. Wir haben im Ausschuss für strategische Stadtentwicklung und Mobilität dafür gestimmt, dass die Verwaltung beauftragt wird, angemessene Ersatzstandorte für die entfallenen Parkplätze zu identifizieren und zu entwickeln und im Ortskern Behindertenparkplätze einzurichten.

Grundsätzlich sind wir aber der Auffassung, dass die Verbesserung der Aufenthaltsqualität dem Einzelhandel nutzen wird. So stellte die IHK Hochrhein-Bodensee zur Innenstadtentwicklung von Konstanz fest:

„Die Aufenthaltsqualität wird zum entscheidenden Parameter. Der Aufenthalt in der Stadt muss mindestens um so viel attraktiver werden als das Onlineshopping zu Hause bequemer ist.“ Viele andere Studien bestätigen diese Auffassung.