Zwei wichtige Planvorhaben der Bezirksregierung Köln und des Rheinisch-Bergischen Kreises stehen in den Startlöchern: Der Regionalplan und der Landschaftsplan werden überarbeitet. Auch Bergisch Gladbach ist betroffen und die Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, sich ab dem 7. Februar 2022 zu beteiligen und mitzuwirken. Die FWG regt an, aktiv von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen und sich frühzeitig einzuschalten, so wie es ausdrücklich von beiden Institutionen gewünscht wird. Denn der Regionalplan bestimmt, vereinfacht gesagt, wie wir hier leben werden und wollen.

Die für die Aufstellung verantwortliche Bezirksregierung Köln drückt das so aus: 

Ziel der Neuaufstellung ist es, einen zukunftsweisenden, verlässlichen und erstmals gesamträumlichen raumordnungsrechtlichen Rahmen für die Zukunft des Regierungsbezirks zu bieten. Der Regionalplan formuliert die raumordnerischen Leitvorstellungen für die nächsten mindestens zwei Jahrzehnte.

FWG begrüßt Regionalplanziele, Zweifel bleiben

Die FWG ist über einen interfraktionellen Arbeitskreis sowohl in Bergisch Gladbach als auch über die Fraktion der Freien Wähler im Kreis in die Stellungnahmen beider Institutionen gegenüber der Bezirksregierung aktiv eingebunden. Wir begrüßen, dass in der Begründung zum Regionalplanentwurf sowie im begleitenden Textteil Ziele genannt werden, die auch Markenkern der FWG sind und ganz besonders für Bergisch Gladbach gelten: 

  • Grün- und Freiflächen mit klimatischer Ausgleichsfunktion sichern und entwickeln
  • Kulturlandschaften erhalten 
  • Zersiedlung vermeiden
  • Bodenschutz erhalten

Ob sich diese Ziele allerdings in den dem Regionalplan zugrundeliegenden kartografischen Darstellungen und Umweltbeurteilungen wiederfinden, muss nach erster Inaugenscheinnahme fraglich bleiben.

Besiedlungsflächen nehmen weiter zu

Tatsache ist jedenfalls, dass sich die Flächennutzung in Bergisch Gladbach von 2016 bis 2020 nach einer Statistik des Rheinisch-Bergischen Kreises deutlich verändert hat. Dazu muss man eigentlich keine Zahlen bemühen – das kann jeder sehen. Einen guten Vergleich hat man mit den Kuchendiagrammen. Anzumerken ist allerdings, dass die statistische Grundlage zwischen den Jahren 1994 und 2015 eine andere war, weshalb dieser Zeitraum nur mit gewisser Einschränkung zum Vergleich herangezogen werden kann.

Wenn wir uns also im Stadtgebiet auf die Zeit zwischen 2016 und 2020 konzentrieren, sehen wir, dass die besiedelten Flächen Wohnbau, Gewerbe und Verkehrsflächen zugenommen haben (plus 110 Hektar, eine Fläche dreimal so groß wie das gesamte Zanders-Gelände). Der Waldanteil hat in den letzten vier Jahren nur leicht abgenommen. Seine größten Bestände sind aber weitgehend isoliert von der starken Besiedlung und Verdichtung der Nordwest-Südost-Achse entlang den Hauptstraßen. Stärker zurückgegangen sind hingegen landwirtschaftliche Flächen, zu denen auch sonstige Vegetationsflächen gezählt werden, die nicht landwirtschaftlich genutzt werden (minus 114 Hektar). Das deckt sich in etwa mit der Zunahme bei Siedlung und Verkehr.

Quelle: IT NRW, Rheinisch-Bergischer Kreis, eigene Berechnungen

Flächennutzungsplan bereits berücksichtigt

Beim Entwurf des Regionalplans fällt auf, dass sich der Flächennutzungsplanbeschluss (FNP) in Bergisch Gladbach bereits ausgewirkt hat. Im Regionalplanentwurf heißt es entsprechend: „Als Träger der Bauleitplanung sind die Kommunen nicht nur wichtigster Adressat der Regionalplanung, sondern sie gestalten die Inhalte des Regionalplanes auch maßgeblich mit. Diese gegenseitige Abhängigkeit und Rücksichtnahme wird mit dem Begriff des ‚Gegenstromprinzips‘ zum Ausdruck gebracht. Der intensive inhaltliche Austausch mit allen Kommunen des Regierungsbezirks über ihre individuellen Entwicklungsabsichten und Anforderungen an den Regionalplan war von Beginn an prägend für den Gesamtprozess und neben der Einbindung weiterer raumrelevanter Akteure unerlässlich als zentraler Bestandteil des (informellen) Planungsprozesses.“

So waren schon aus dem noch geltenden aktuellen Regionalplan weiterhin umstrittene Flächen des FNP entwickelt worden, zum Beispiel der Schützenberg in Hebborn (HE 12), trotz einer als problematisch angesehenen Regenwasserentwässerung, eine Beurteilung, die sich durch das Starkregenereignis im letzten Jahr verschärft haben dürfte. 

Im begleitenden Umweltbericht wurden für Bergisch Gladbach Flächen in Hebborn (Schützenberg), Moitzfeld (Grube Weiß), Herkenrath (Gronewald) und das im FNP geplante Besiedlungsgebiet an der Frankenforster Straße untersucht. Bei allen gäbe es bei Bebauungen erhebliche Umweltauswirkungen, überwiegend wegen schutzwürdiger Böden, gegebener Nähe zu Naturschutzgebieten und aus klimaökologischen Gründen. Bedenken gibt es auch hinsichtlich des überregionalen Gewerbegebietes Spitze.

Von Bedeutung dürfte die Darstellung des südlichen Teil des Gewerbegebietes an der Zinkhütte sein. Hier ist die bestehende Frischluft- und Waldschneise über die Grube Cox, den Neuborner Busch bis hin zum Naturschutzgebiet Schluchter Heide zu Gunsten einer Erweiterung des Industriegebietes Zinkhütte bereits zeichnerisch eingeengt, was äußerst umstritten ist und von der FWG abgelehnt wird. Neu als Besiedlungsgebiet ausgewiesen ist dem FNP entsprechend die Fläche Hebborn He7 nördlich der B 506. 

Zeichnerische Darstellung aus dem Regionalplanentwurf 2021/Bezirksregierung Köln

FWG bezweifelt zielgerechte Umsetzung

Die FWG bleibt vor diesem Hintergrund bei der Beurteilung der Ernsthaftigkeit der den Regionalplan begleitenden Umweltschutzziele skeptisch. Schon beim FNP gingen Abwägungen zwischen Umwelt- und Bebauungsbelangen in der Regel zu Gunsten einer Besiedlung aus. Und so ist auch im neuen Regionalplan ausdrücklich Spielraum gegeben, „Planungszuschläge“ bis zu 20 Prozent vorzunehmen, was „dem Wunsch vieler Kommunen nach Flexibilität“ entspricht. 

Die Zweifel werden dadurch verstärkt, dass sich die Ampelkoalition immer noch nicht durchringen konnte, die Stadt zu veranlassen, zumindest die bisher von der Bezirksregierung nicht genehmigten Flächen aus dem FNP herauszunehmen. Die FWG hatte das bereits zweimal beantragt. 

Bergisch Gladbach wird, wie die anderen Kommunen auch, zum Regionalplan eine Entscheidung treffen müssen. Spätestens im Frühsommer muss die Ampel Farbe bekennen.

Zehn Hektar Natur gehen pro Tag in NRW verloren 

Der bundesweite Trägerkreis „Allianz für die Fläche“ stellt fest: In NRW gehen im langjährigen Mittel täglich rund zehn Hektar wertvolle Natur- und Freifläche verloren. Die “Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016” fordert aber, die tägliche Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag bundesweit zu reduzieren. Denn im Rahmen von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel spielt der unverbaute Freiraum eine wichtige Rolle. Für Siedlungs- und Verkehrszwecke genutzte Flächen können Frischluftschneisen in die Städte blockieren und Böden verlieren ihre Funktion als Kühlleister sowie als Wasserspeicher für den Hochwasserschutz.

Gerade in Bergisch Gladbach, nach Einordnung des Regionalplanentwurfes eine Kommune mit überörtlich bedeutender Überhitzung am Tag, sollte der Regionalplan in Bezug auf die genutzten Flächen und zunehmende Besiedlung aufmerksam betrachtet werden und eine kritische Beachtung finden.

Regionalplan: Erläuterungskarte Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Da der Regionalplan in den zeichnerischen Darstellungen sehr komplex ist, bittet die FWG alle interessierten Bürger, sich gerade ihre unmittelbare Wohnumgebung anzusehen und vom Recht der Beteiligung aktiv Gebrauch zu machen. Das ist zwischen den 7. Februar und dem 31. August diesen Jahres möglich. Auf den Webseiten der Bezirksregierung sind alle Dokumente abrufbar. 

Landschaftsplan ebenfalls in Überarbeitung

Ein wenig im Schatten des Regionalplans wird auch der Landschaftsplan für den Süden des Rheinisch-Bergischen Kreises überarbeitet. Er ist wesentlich detailreicher als der Regionalplan, verfolgt aber ähnliche Ziele. Ein Entwurf liegt bis zum Februar vor und ist dann auf den Seiten des Rheinisch-Bergischen Kreises abrufbar. Auch hier ist eine Bürgerbeteiligung ausdrücklich vorgesehen. Leider gilt auch hinsichtlich des Landschaftsplans, dass sich die Kommunen mit ihrer Hoheit bei der Bauleitplanung über die Ziele, zum Beispiel auch die Schonung von Landschaftsschutzgebieten, hinwegsetzen können. Ein Verfahren, das aus heutiger Sicht problematisch erscheinen muss und einer Debatte bedarf, wenn man übergeordneten Klima- und Umweltschutz ernst nimmt.

Beitragsfoto: Pixabay/Klimkin