Nach einem Bericht der Wirtschafts- und Finanzredaktion der WELT ist das Phänomen der Verödung der Innenstädte auf dem Vormarsch und umfasst nun auch Orte in bislang florierenden Regionen. Am Beispiel der Stadt Bingen wird beobachtet, dass trotz kaufkräftiger Bevölkerung, trotz Ansiedlung eines Innenstadt-Einkaufscenters, das ähnlich vermietet ist wie es die Schlossgalerie in Bensberg sein wird, immer mehr Leerstand in der City entsteht. Zunächst geben alteingesessene Geschäfte auf, dann ziehen Ein-Euro-Läden ein, danach ist Schluss. Hauptgrund der Entwicklung, das dürfte unbestritten sein, ist der zunehmende Onlinehandel.

Nach einer Untersuchung des Handelsverbandes aus dem Jahre 2017 betrug der Online-Anteil in einigen Branchen, beispielsweise in der Unterhaltungselektronik, bereits ein Viertel am Gesamtvolumen des Branchenumsatzes. Lediglich im Bereich Lebensmittel, Getränke, Tabakwaren und Drogerieartikel wiesen stationäre Geschäfte noch einen Anteil von über 40 Prozent aus. 65 Prozent der Bevölkerung sind inzwischen Online-Shopper. Die stärkste Wachstumsrate weist dabei die Generation 60+ auf. Bemerkenswert: In Großstädten über 100.000 Einwohner ist der Anteil der Onlinekäufe trotz dort gut vertretenem stationären Handel am höchsten, während er in kleineren Orten weniger ausgeprägt ist. 

Was bedeuten diese Zahlen für Bergisch Gladbach?

Auch der Bergisch Gladbacher Einzelhandel ist in Gefahr. Probleme sind bereits heute nicht zu übersehen. Dies wird sogar vom Projektentwickler der RheinBerg Galerie Herbert Krämer in einem kürzlich erfolgten Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger eingeräumt. Eine intakte Innenstadt Bergisch Gladbach sei keinesfalls sicher, befürchtet er.

Als die Stadt Bergisch Gladbach im Jahr 2014 einen städtebaulichen Leitplan entwickelt hat, wurden Problemzonen der Innenstadt durchaus erkannt. Nicht erkannt wurden allerdings die beschriebenen Entwicklungen im Einzelhandel. Sie finden in der Leitplanung praktisch keine Erwähnung. So ging man bei der Gestaltung der Fußgängerzone sicher gutmeinend davon aus, dass sich bei attraktivem Umfeld schon alles positiv entwickelt.

Das ist nun leider nicht der Fall und die RheinBerg Galerie am einen Ende der Fußgängerzone macht dem Einzelhandel auf der anderen Seite der Fußgängerzone das Leben schwer. Die zukünftige Integration der Stadtbücherei – jetzt noch Bestandteil des „Kulturraums“ an der östlichen Fußgängerzone – in die neuen Stadthäuser am S-Bahnhof wird diese Situation weiter verschärfen.

Bis heute hat die Stadt die Herausforderungen und strukturellen Änderungen immer noch nicht erkannt. Der im Stadtrat Ende 2018 beschlossene Flächennutzungsplan geht nämlich von einer Einzelhandelssituation nach einer Bestandserhebung aus dem Jahr 2013 aus, obwohl die Planung doch für die nächsten 20 Jahre gelten soll.

Einmal mehr wird deutlich, dass es an einem Gesamtkonzept für die Zukunft der Stadt fehlt.

Immerhin erkennt die 2014er-Rahmenplanung, dass ein Großteil der brachliegenden Flächen in der Innenstadt sowie die als Parkplatz zwischengenutze Bereiche in den Rückräumen der Hauptstraße vor allem zur Wohnbebauung zur Verfügung stehen sollten. Es fehlt aber an wichtigem Zahlenmaterial, die für die Aufstellung des Flächennutzungsplans von Bedeutung gewesen wären, insbesondere was die Wohnraumprognose betrifft.

Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung falsch, dass alle öffentlichen und privaten Belange in den Flächennutzungsplan hineingeflossen sind. Die enormen Herausforderungen und Auswirkungen des Online-Handel, auch in Zusammenhang mit der dadurch bedingten Verkehrsänderungen, hätten intensive Beachtung finden müssen.

Die Freie Wählergemeinschaft Bergisch Gladbach fordert deshalb eine Überarbeitung der gesamten Innenstadtplanung unter Berücksichtigung der gravierenden Änderung der Rahmenbedingungen. Mit einer verträglichen Wohnbebauung stünde eine ideale Lösung für die Wohnbedürfnisse junger Familien, von Single-Haushalte und Senioren zur Verfügung. Gleichzeitig würde eine weitere Zerstörung von Naturflächen und Landschaftsschutzgebieten verhindert.