Die CargoCap GmbH mit Sitz in Bochum will seit einigen Jahren ein gleichnamiges Transportsystem auf den Markt bringen, mit dem Güter in unterirdischen Röhren mittels per Strom betriebenen Transportfahrzeugen (Caps) befördert werden.

Auf den Webseiten der CargoCap-GmbH heißt es:  Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einrichtung eines solchen Transportsystems haben vergleichweise wenig Konfliktpotential. Keines der fachgesetzlichen Planungsfeststellungerfordernisse greift ein. Naturschutzrechtliche und sonstige umweltrechtliche Bedenken sind nicht zu erwarten.

CDU und SPD vertrauen diesem Werbetext. In ihrem gemeinsamen Antrag zu CargoCap aus 2017 heißt es, dass sie Nachteile des Systems bei den Vorarbeiten kaum ausgemacht hätten.

Das reizte natürlich den Stadtrat, Ende 2018 mit den Stimmen von CDU und SPD dem Antrag zu folgen und sich an einer Machbarkeitsstudie mit 31.250 Euro an den Gesamtkosten von 267.000 Euro zu beteiligen. Es soll dabei die die Frage beantwortet werden, ob dieses System in unserer Stadt eingesetzt werden kann.

Von Anlieferungspunkten an der Autobahn sollen Waren aufgenommen und dann mit dem unterirdischen Cap-System in die Gewerbegebiete transportiert werden, wo sie entweder direkt angeliefert werden oder an andere Transportträger übergeben werden.

Das klingt zunächst einmal interessant und Bergisch Gladbach ist seit der Ratsentscheidung auch der ganze Stolz der CargoCap GmbH, weil es die erste Kommune in Deutschland ist, die die Idee aufgreift.

Nun muss man allerdings sagen: Das System ist in der Praxis bislang nicht erprobt. Es existiert lediglich eine kleine Indoor-Modellstrecke im Maßstab 1:2. Und interessant ist auch, dass der letzte aktuelle Eintrag auf den Webseiten der GmbH vom 4. April 2017 stammt (Stand Mai 2019).

Details für die Umsetzung eines CargoCaps-System in Bergisch Gladbach sind auch ansatzweise nicht vorgestellt. Das wurde in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses Ende 2018 deutlich. Wie wird gebaut? Zu welchen Kosten? Es gibt bislang nur vage Angaben.

Die Frage bleibt, ob die Machbarkeitsstudie dazu verbindliche Aussagen machen kann, denn je nach Trassenführung können durch die Bodenbeschaffenheit enorme Mehrkosten entstehen, die unvorhersehbar sind. 

Das Wichtigste aber: Wer will ein solches System nutzen?

Seitens des stellvertretenden Bürgermeisters Michael Zalfen (SPD) wurde noch im Dezember 2018 behauptet, Krüger, G+H oder die großen Paketdienste hätten Bereitschaft zum Mitmachen signalisiert. Das hat sich inzwischen als reine Spekulation erwiesen, denn Krüger und auch G+H sollen bereits abgewunken haben.

Trotzdem werden jetzt 1.800 Unternehmen gefragt, ob sie CagoCap nutzen würden. Die Art der Fragen ist der Öffentlichkeit bisher verborgen. Allerdings ist durch das Bürgerportal in-gl.de bekanntgeworden, dass die Stadt die Hochschule Düsseldorf hinsichtlich ihrer Fragestellung bereits zurückpfeifen musste. Bei der Ermittlung des Transportbedarfes behauptet die Hochschule nämlich, dass Bergisch Gladbach bereit sei, das System zu installieren. Dem hat die Stadt widersprochen. Eine Entscheidung falle erst nach Vorliegen der Machbarkeitsstudie, heißt es.

Von der Wirtschaft wird keine verbindliche Zusage kommen, solange die Nutzungskosten unklar bleiben. Und außerdem: Die befragten Unternehmen können ja ohne weitere Konsequenzen zunächst einmal „Ja“ sagen. Einen Zwang, sich daran zu halten, wird es kaum geben.

Kosten entstehen eben nicht nur durch die Nutzung und Refinanzierung des Systems, sondern ganz besonders durch die Zeit des Umladens der Waren an den Terminals. Und diese Hubs werden oberirdisch errichtet, unterliegen also doch dem Planungsrecht und verbrauchen zur Errichtung an der Autobahn und an den Anlieferungspunkten Infrastruktur und damit viel Naturfläche. Die in diesem Zusammenhang ins Spiel gebrachte Verlängerung zum Flughafen ist nicht einmal ansatzweise abgestimmt.

Es gibt durchaus andere Lösungen gibt, die unbestreitbaren Verkehrsprobleme in Bergisch Gladbach zu beseitigen.  Sie bedeuten aber ein konsequentes Umdenken in der Verkehrspolitik. Bundesregierung und Deutsche Bahn haben grob fehlerhaft gehandelt, als der Güterverkehr per Schiene vor Jahren bewusst aufgegeben wurde. Sie haben versäumt, Innovationsmöglichkeiten zu prüfen, die den Gütertransport bei konsequenter Digitalisierung revolutioniert hätten. 

Das gern bemühte Argument, bei Kostenvergleichen schneide der LKW wesentlich besser ab als die Schiene hinkt, denn Folgekosten für die Umwelt (und damit den Steuerzahler) bleiben stets unberücksichtigt.

Bergisch Gladbach besitzt, besser besaß Eisenbahnanschlüsse. Leider sind die Schienen bis zur Zinkhütte inzwischen weitgehend abgebaut oder unbenutzbar, der Gleiskörper aber wäre zu aktivieren und eine Wiederbelebung scheint angesichts des bevorstehenden zweigleisigen S-Bahn-Ausbaus nicht unmöglich, auf jeden Fall aber günstiger als das CargoCap-System. Allerdings stellt sich die Firma Krüger auch hier quer. Auf ihre Veranlassung hin sind die Schienen beseitigt worden.

Ehemaliges Gleisbett am Krüger-Gelände

Die FDP hat geäußert, dass hinsichtlich Wiederbelebung der Bahn der Satz der Dakota-Indianer gelte „Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab!” Es ist nur merkwürdig, dass China seine Seidenstraßenidee per Bahn immer weiter vorantreibt und die Schiene offenbar nicht als „totes Pferd“ ansieht.

Abschließend noch ein Gedanke zur Logistik eines Großunternehmens und zu den Kapazitäten von CargoCap. Nehmen wir Aldi. Nach eigenen Angaben beträgt die Entfernung einer Aldi-Filiale (Aldi Nord) zum eigenen Logistikzentrum 40 km. Im Jahr werden von Aldi-Nord insgesamt 29 Millionen Euro-Paletten transportiert. Das heißt: Jede Aldi-Nord-Filiale erhält im Schnitt über 11.000 Euro-Paletten pro Jahr. Bei der umsatzstärkeren Aldi-Süd wird es nicht anders aussehen und Aldi ist nur ein Akteur. Es wird kaum akzeptiert werden, dass Speditionen ihre Waren vor den Toren der Stadt abladen, um sie ein paar Kilometer weiter wieder aufzunehmen. Andererseits ist die Menge der Güter viel zu groß, um mit Kleinfahrzeugen oder gar Lastfahrrädern, wie das ernsthaft vorgeschlagen wurde, weiter zu transportieren. Ein LKW kann 34 Paletten, ein moderner Güterwagen 40 Paletten transportieren, eine CargoCap-Einheit nur zwei. Man stelle sich einmal den Flächenbedarf für die Zwischenlagerung und die LKW-Staus an den Übergabestationen vor.

Das CargoCap-System wird sich nicht rechnen. Es wird aber wie der berühmte Bergisch Gladbacher „Kirmes-Kreisel“ in die Geschichte eingehen. Schon die Machbarkeitsstudie ist eine unnütze Geldausgabe, zumal große Unternehmen bisher nicht überzeugt werden konnten.