Aus Anlass neuer Mehrheiten in den Kommunalparlamenten hat die REGIONALE Bergisches RheinLand-Agentur ein Strategiepapier zu verschiedenen aktuellen Projekten aufgelegt, die sie bearbeitet. Behandelt werden die Bereiche Wohnen und Leben, Ressourcenlandschaft, Mobilität, Arbeit und Innovation, Gesundheit und Fluss- und Talsperrenlandschaft.

Die FWG hat in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, dass die Konzeptionen einen nur ungenügenden Eingang in die Kommunalparlamente gefunden haben. Zwar werden die Projekte in Bezirksregierung und Kreistagen vorgestellt, in den Stadt- und Gemeinderäten kommen sie jedoch zu kurz. Gerade dort aber müssten sie stärker diskutiert werden, denn sie berühren in erheblichem Maße die Interessen der dort lebenden Bürgerinnen und Bürger. Sie müssen mitbestimmen, welche Rolle ihre Gemeinde im Ballungsraum Rheinland spielen soll, wie ihre Zukunft aussieht. Insofern tragen die Strategiepapiere zu einer besseren öffentlichen Wahrnehmung und Debatte bei. Es geht dabei aber nicht nur um Einzelmaßnahmen wie die Konversion des Zanders-Geländes oder den Bau eines grünen Mobilhofes, sondern um die grundsätzliche Frage, wie wir hier zukünftig leben wollen.

Aus den Bürgerinitiativen zum Flächennutzungsplan kommend und auch im Kommunalwahlkampf haben wir immer wieder gehört, dass Bergisch Gladbach eine lebenswerte Stadt im Grünen bleiben und nicht in unverträglichem Maße wachsen soll. 

Konversion Zanders (Foto: REGIONALE 2025 Agentur)

Wir begrüßen, dass sich diese Auffassung jetzt im Regionale 25-Handlungsfeld „Leben und Wohnen“ wiederfindet. Dort heißt es, dass ein weiterer Flächenverbrauch in der Region einer konsequenten Nutzung vorhandener Bestände nachstehen muss. Diese These bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf die Region im Ganzen, sondern auch auf die einzelnen Kommunen selbst. Ähnlich argumentiert das NRW-Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. 

Bergisch Gladbach aber handelt nicht danach. Der 2018 beschlossene Flächennutzungsplan einschließlich der vom Regionalplan bis heute noch nicht genehmigten so genannten weißen Flächen dehnt die Siedlungsgebiete an den der Ortsteile Rändern weiter aus und an dieser Politik hat sich auch mit der neuen Ampel-Ratsmehrheit im Grunde nichts geändert. 

Und auch die Stadtverwaltung scheint bislang an dem Konzept festhalten zu wollen, die Stadt „weiter“ zu entwickeln und den Zuzug unverändert zu fördern. 

Es wird argumentiert, dass der Bedarf an Wohnungen im Ballungsraum ungeheuer groß sei und die Bevölkerungsprognosen heute schon überholt seien. Deshalb sei man gezwungen, immer mehr Bauflächen auszuweisen, gerade in einer attraktiven Stadt wie Bergisch Gladbach. Insbesondere von Köln nehme der Druck zu. Bereits das Bündnis der Bürgerinitiativen zum Flächennutzungsplan hatte darauf hingewiesen, dass Bergisch Gladbach nicht den Wohnungsbedarf der gesamten Rheinschiene decken kann, es sei denn jede Wiese würde bebaut. Jeder kann sich vorstellen, wo das endet. 

Betrachtet man einmal die Situation in Köln, stellt man fest, dass die Abwanderung von Kölner Bürgerinnen und Bürger in die umliegende Region tatsächlich besonders hoch ist. Wie die Stadt in einer Broschüre zur Einwanderungsentwicklung ausführt, ist der Wohnungsmarkt in Köln in den letzten Jahren sehr stark von der Flüchtlingszuwanderung beeinflusst worden. Das wiederum hat erhebliche Auswirkungen auf den preisgünstigen bis mittelpreisigen Wohnraum. Die Schwierigkeiten entstehen also zunächst in Köln und das heißt für uns: Die Stadt Köln muss zunächst ihre Hausaufgaben machen und kann durch Unterlassung nicht auf die Nachbarkommunen verlagern. 

Köln räumt in seinen Statistischen Nachrichten selbst ein, dass die Zahl fertiggestellter Wohnungen unterdurchschnittlich ist. Dazu bleibt die Quote geförderter Wohnungen seit 2015 trotz des hohen Zuzugs von Flüchtlingen unverändert. Sie betrug 2019 lediglich 6,8 Prozent.

Luxuswohnungen allein helfen Köln nicht weiter (Foto: Michael Gaida auf Pixabay)

Die Folge: Viele wollen und müssen trotz der viel beschworenen Attraktivität aus Köln ins Umfeld wegziehen. Die Struktur Bergisch Gladbach ändert sich dadurch spürbar. Auf Grundstücken mit Ein- und Zweifamilienhäusern entstehen, auch begünstigt durch das Baurecht, Mehrfamilieneinheiten oft bis hart an die Grundstücksgrenze mit der Konsequenz, dass in den westlichen und nördlichen Ortsteilen wie Schildgen oder Refrath eine hohe Verdichtung eintritt und Klimaschutzziele in den Hintergrund treten, weil Frischluftschneisen oder -entstehungsgebiete verriegelt werden. So verändert sich der Charakter unserer Stadt maßgebend und nachteilig. 

Der bereits 2018 beschlossene Flächennutzungsplan wird diesen Trend beschleunigen. Es ist unserer Überzeugung nach neben einer nicht maßvollen Verdichtung der falsche Weg, immer mehr Außenflächen als Siedlungsbereiche auszuweisen, obwohl es nach wie vor sowohl in Köln als auch in Bergisch Gladbach Potentiale für eine Konversion zu Wohnungsbauflächen gibt, auf dem ein gesunder Mix zwischen Wohnungen, wohnverträglichem Gewerbe und vor allem Grünflächen entstehen kann.

Die FWG sieht es als äußerst problematisch an, einem Zuzug in die Stadt Bergisch Gladbach immer mehr freien Lauf zu lassen. Wir dürfen den Charakter der Großstadt im Grünen nicht verändern und sind sicher, dass die Menschen, die hier leben, das auch nicht wollen. Die Bebauungspläne, die auf dem beschlossenen FNP beruhen werden, müssen sich danach richten.

Ein wichtiger Aspekt kommt hinzu: Nach Aussagen des Statistischen Bundesamtes Destatis sinkt bis 2035 die Bevölkerung in Deutschland voraussichtlich um 4-6 Millionen Menschen. 2035 werden die meisten in einem Alter von um die 70 Jahren sein. Der Anteil der über 67Jährigen steigt von derzeit 20 Prozent auf dann 25 Prozent. Bergisch Gladbach hat aber bereits jetzt ohnehin einen überdurchschnittlichen Anteil älterer Menschen. Von daher ist die derzeitige Wohnungsknappheit begrenzt und sollte eben nicht zu Flächenverbräuchen führen, die irreversibel sind. Die Verwaltung muss sich jetzt darauf konzentrieren, die auf industriellen Brachflächen möglichen Wohngebiete schnell zu entwickeln.